Geschichte Woche 12
Nach Johannes 2,1-11
Na? Auch so gespannt, was heute passiert? Dann würde ich sagen, legen wir mal los.
Nachdem Jesus mit seinen Freunden aufgebrochen war, um nicht nur in Kapernaum zu wirken, war es gar nicht anders zu erwarten, als das sie immer von einer ganzen Reihe Menschen begleitet wurden. Was er alles in Kapernaum getan hatte, war Gesprächsthema Nummer 1 in allen umliegenden Städten geworden. So strömten die Menschen nun von allen Seiten zusammen und wollten Heilung und Befreiung.
Bevor Jesus in Kapernaum gewirkt hatte, trug sich ein Ereignis zu, dass das erste Wunder Jesu war. Und das geschah, als Jesus und die Jünger eine Einladung zu einer Hochzeit bekamen. Sogar Maria, die Mutter von Jesus, war eingeladen. Ich glaube, ich hatte gehört, dass es entfernte Verwandte von Jesus waren, die heirateten. Deshalb war auch Maria mit dabei. Warst du schon einmal auf einer Hochzeit? Ja? Dann weißt du ja, dass so einer Feier meistens bis in die späte Nacht hinein gehen kann. In Israel ist selbst dieses Fest länger. Meistens eine ganze Woche lang. Das ist lang, oder?
Nun, Jesus war nun mit seinen Freunden, den Jüngern, auf dieser Feier und nahm daran teil. Ich kann dir sagen, es war alles so wunderschön dekoriert und das Brautpaar war eine wahre Freude für die Augen. So wunderschön. Ich geriet richtig ins schwärmen. Ach, und dann erst die Worte bei der Trauung. Uh, da hatte nicht nur ich Tränen in den Augen. Verstohlen wischte ich mir das Tränchen aus den Augenwinkeln.
Und dann wurde gefeiert. Die ganze Nacht. Und den nächsten Tag, sowie wieder die Nacht. Schwuppdiwupp befanden wir uns auch schon inmitten des dritten Tages. Ich begleitete Jesus auf Schritt und Tritt, wo er auch hinging, ich war mit von der Partie und ließ ihn nicht einen Augenblick aus den Augen. Na gut, bei der Trauung hatte ich nur Augen für das Brautpaar, aber danach war ich voll dabei. Jesus unterhielt sich mit so einigen Gästen, ließ sich das Essen und Trinken schmecken und stand jedem zur Seite, der es wollte.
Die Gäste aßen und tranken, was das Zeug hielt. Also, wenn ich so viel getrunken hätte, wie die Menschen hier, oh wei, dann würde mein Gang eher jemandem ähneln, der sich zu lange im Kreis gedreht hätte. Min Körper wäre von einer Seite zur anderen gewankt. Schon allein beim Zuschauen wurde mir ganz schwindelig im Kopf. Aber, der Wein, der hier gereicht wurde, war zum Glück mit Wasser vermischt. Dadurch wirkte er nicht so stark wie normalerweise. Mein Blick wanderte zur Tafel, wo die Krüge mit dem Wein standen. Vielleicht konnte ich auch mal ein Schlückchen probieren. Nur so ein ganz klitzekleines Schlückchen. Mit viel Elan lief ich zur Tischtafel und sprang mit viel Schwung an die Spitze der Tischdecke. Da hing ich nun wie ein armer Tropf und zappelte mit den Beinen, um irgendwie weiter auf den Tisch zu kommen. Endlich hatte ich es geschafft und ließ mich erschöpft an einen Krug sinken. Puh, diese Kraxelei war vielleicht anstrengend. Aber gut, was tat man nicht für einen Schluck zu Trinken? Den hatte ich mir jetzt aber auch wirklich verdient.
Also rappelte ich mich wieder auf und krabbelte an dem ersten Krug hinauf. Oben angekommen beugte ich mich vorsichtig über den Rand des Kruges. Ja, Sapperlott, war es denn die Möglichkeit? Der Krug war leer. Kein Wein mehr drin. Na toll, musste ich dann eben zum nächsten Krug. Och nein, der war auch leer. Ja, gab es denn so was? Nur in einem Krug war noch ein kleiner Schluck drin. Aber da kam ich nicht herein, ohne hinein zu fallen und in der Patsche zu sitzen. Moment mal, wenn diese Krüge hier leer waren, gab es denn noch genügend Wein für den Nachschub? Da musste ich doch mal schauen. Also wieder herunter vom Tisch, bevor mich noch jemand entdeckte und meinte, mich mit seinem Schuh zu erledigen. So schnell mich meine kurzen Beine trugen, machte ich mich auf den Weg in die Speisekammer.
Hier mussten die Getränke stehen. Da sah ich Maria, die ihre Augen über die Menschen gleiten ließ, als suche sie jemanden. Schließlich schien sie denjenigen gefunden zu haben, den sie suchte. Mein Blick wandte sich in die entsprechende Richtung und stellte fest, es war Jesus, den sie zu finden versucht hatte. Schnell kletterte ich an Maria hinauf, die sich nun in Bewegung setzte. Sie wollte zu Jesus und erreichte ihn schließlich. Vorsichtig berührte sie ihn am Arm und Jesus drehte sich um. Maria schaute zu ihm auf und redete ihm dann leise entgegen:
„Jesus, mir ist aufgefallen, dass der Wein ausgeht. In den Krügen ist kaum noch etwas drin und die Speisekammer hat auch kaum noch etwas. Es wäre ziemlich peinlich für die Familie, wenn kein Wein mehr da wäre. Ich weiß, dass du helfen kannst. Wirst du es tun?“
Wow, die Maria traute sich was. Woher sollte Jesus denn so schnell so viel Wein herbekommen? Oder meinte sie etwa, Jesus solle ein Wunder tun? In Marias Gesicht konnte ich erkennen, dass sie genau das wollte. Oh man, wie würde Jesus wohl darauf reagieren? Ich wandte mich gespannt Jesus zu und sah ein leichtes Stirnrunzeln. Schließlich antwortete er:
„Was habe ich mit dir zu tun?“
Hui, was sagte er da gerade? Das klang ganz schön böse. Er sah aber gar nicht so aus. Vielleicht wollte er nur einfach zeigen, dass er nicht mehr Sohn war, sondern Sohn Gottes mit einem Auftrag. Maria senkte den Blick und Jesus fuhr fort:
„Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“
Hieß das jetzt, er würde nichts tun oder sollte Maria abwarten? Maria erwiderte nichts. Sie nickte nur leicht und wandte sich dann von Jesus ab. Ein bisschen tat es mir schon leid, dass Jesus sie irgendwie vertröstet hatte. Immerhin war sie doch seine irdische Mama. Da konnte man mit Sicherheit eine Bitte erfüllen. Und was hatte Jesus getan? Er hatte es abgelehnt. Aber...aber, was tat Maria denn da? Sie ging zu den Dienern, die in der Speisekammer arbeiteten und redete leise zu ihnen. Ich spitze meine Ohren so gut ich konnte. Was sagte sie da?
„Tut, was dieser Mann euch auch immer sagt.“
Die Diener schauten ganz schön verdutzt der Frau hinterher, die sich nun wieder unter die Feiernden mischte. Zum einen schienen sie noch nicht einmal zu wissen, wer Jesus war und dann war ihnen schleierhaft, warum sie das machen sollten, was ihnen ein Fremder sagte. Na, die würden sich noch wundern. Gespannt wartete ich, was Jesus nun tun würde. Er schaute sich um und schließlich blieb sein Blick an sechs Steinkrügen hängen, die dort an einer Wand standen. Sie waren groß genug, um einiges an Wein zu fassen. Nun ging er auf die Diener zu, zu denen Maria ebne noch geredet hatte. Mit seiner Hand deutete er auf diese Krüge und sagte freundlich:
„Füllt diese Krüge mit Wasser.“
Wie bitte? Mit Wasser? Aber wir brauchten doch Wein. Irrte sich Jesus da vielleicht nicht in seiner Ansage? Verdutzt und mit vor Zweifel gerunzelter Stirn schaute ich Jesus an. Was sollte das denn werden? Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu den Dienern. Diese sahen sich kurz an, als erinnerten sie sich an die Worte der Frau, die soeben noch hier gewesen war. War das Jesus? Meinte sie ihn vorhin. Sie nickten sich gegenseitig kurz zu und schritten dann zur Tag. Eimerweise kippten sie Wasser in die großen Krüge, bis das Wasser dem Rand schon gefährlich nah. So, nun reichte es aber mit der Wasserschlepperei. Und jetzt, Jesus? Jetzt hatten wir Wasser in Hülle und Fülle, aber immer noch kein Wein.
Unbeeindruckt von meinen Blicken und Gedanken bat Jesus nun:
„Bringt eine Kelle voll dem Speisemeister. Lasst ihn probieren?
Was? Der Speisemeister sollte Wasser probieren? Einfaches, popeliges Wasser? Daran war doch nichts besonderes. Noch verwirrter als vorher sah ich, wie die Diener auch hier gehorsam waren. Einer schöpfte aus dem Krug und ging damit zum Speisemeister, um ihn kosten zu lassen. Noch bedor der Diener bei ihm ankam, rieb ich mir ungläubig die Augen. Sag mal, hatten meine Augen da gerade richtig gesehen? War die Flüssigkeit in der Kelle wirklich rot gewesen? Rot, wie Wein?
Die Diener schienen das gleiche zu denken. Nein, das konnte nicht sein, Jesus hatte doch Wasser hinein schütten lassen. Ich erwartete also, dass der Speisemeister seinen Diener erbost wieder wegschicken würde, ehe er sich die Flüssigkeit überhaupt zu Gute kommen ließ. Aber was war das denn nun schon wieder? Statt den Diener wegzuschicken oder lauthals mit ihm zu schimpfen, wurden die Augen des Speisemeisters immer größer und größer und statt nur einem winzig kleinen Schlückchen, nahm er noch einen. Und noch einen, als wolle er sich überzeugen, wirklich das richtige geschmeckt zu haben. Dann rief er den Bräutigam zu sich und sagte zu ihm:
„Jeder macht es so, dass er den guten Wein zuerst gibt und den schlechten Wein, wenn schon alle genug getrunken haben. Aber du machst es anders. Dieser Wein hier ist so vorzüglich.“
Meine Kinnlade klappte herunter. Das durfte doch nicht wahr sein. Hatte ich da ernsthaft gehört, er hätte gerade Wein getrunken, der auch noch richtig gut schmeckte? Wow, Jesus konnte wirklich was. Da hatte er doch tatsächlich aus dem ganzen Wasser in den Krügen Wein gemacht, der auch noch besser war als der eigentliche Wein. Also, wenn, dann schon gleich richtig, anscheinend.
Auch die Diener sahen sich staunend an. Ja klar, logisch, sie wussten ja auch, was hier gerade passiert war. Mit ihren eigenen Händen hatten sie Wasser geholt und in die Krüge gefüllt. Was sich jetzt darin befand, war aber Wein. Sie hatten das erste Wunder erlebten und sahen Jesus mit großen Augen an, nachdem sie in die Krüge geschaut und sich von der Wahrheit überzeugt hatten. Es war tatsächlich Wein. Meine Güte, was Jesus alles konnte. Und das auch noch ohne ein Wort zu sagen. Keiner außer Jesus, mir, den Jüngern und den Diener ahnte auch nur im geringsten, was hier gerade geschehen war. Wobei, ein Blick zu Maria sagte mir, dass auch sie wusste, das Jesus ihr Flehen gehört und erhört hatte. Sie hatte ein Wunder von Jesus erwartet und ihr war die Gnade einer erwarteten Bitte zuteil geworden.