Geschichte Woche 3
Nach Lukas 2,41-45
Wahnsinn. Ich bin immer noch ziemlich beeindruckt von den ganzen Geschehnissen rund um Jesu Geburt. Und dann auch noch die Ereignisse mit Simeon und Hanna. Ich muss sagen, es wird wohl nie langweilig in diesem Haus. Nach dem Maria und Josef das Reinigungsopfer gebracht hatten, kehrten sie wieder mit Jesus zurück. Naja, und dann kam die Flucht mit Jesus, erinnert ihr euch noch? Das war wegen König Herodes, der unbedingt verhindern wollte, dass jemand ihm den Thron stiehlt und König wird. Danach sind die drei umgezogen nach Nazareth, der Stadt, aus der wir gekommen waren. Zurück in das Haus von Josef, dass wir vor so langer Zeit hastig verlassen hatten.
Und nun waren schon wieder so einige Jahre ins Land gezogen. Jesus hatte inzwischen schon seinen 12. Geburtstag gefeiert. Immer wieder half er Josef und Maria bei ihren Aufgaben. Und dann geschah wieder etwas aufregendes. Oh man, allein bei dem Gedanken, fängt mein Herz schon wieder an zu rasen vor Beklommenheit. Aber der Reihe nach.
Es gibt ein Fest bei den Israeliten, das sich Passah nennt. Dieses Fest hat eine sehr lange Tradition und geht zurück zu einem Mann namens Mose. Vielleicht hast du ja schon von ihm gehört. Damals lebten die Israeliten noch Ägypten und es ging ihnen sehr schlecht. Aber Gott erhörte ihr Flehen und führte sie aus dem Land heraus. Und an genau dieses Ereignis erinnern sich die Israeliten bei diesem Passahfest. Gott selbst hatte ihnen den Auftrag dazu gegeben.
Und nun war es wieder so weit, dass dieses Fest stattfinden sollte. Wie jedes Jahr zur Zeit des Passahfestes sollte es nach Jerusalem gehen. Doch bevor es losgehen konnte, wurde erst einmal alles gründlich gereinigt. Alle gesäuerten Nahrungsmittel wurden verzehrt und weggetan, das ganze Haus gründlich geputzt. Nichts unreines durfte mehr zu finden sein. Und dann wurde gebacken; frische, ungesäuerte Brote. Diese wurden dann eingepackt, denn nach dem Passahfest kam das Fest der ungesäuerten Brote und dafür wurde das selbstgemachte Brot gebraucht. Und dann war es so weit. Mal wieder. Als ob wir in den letzten Jahren nicht genug gereist wären. Aber, ich will mich hier jetzt nicht beschweren, schließlich führte es zu Abenteuern, die ich nun erzählen kann. Also, wo war ich? Ach ja, alle machten sich fertig.
Schließlich war auch das letzte Gepäckstück gut verpackt auf dem Esel und los ging es. Wir machten uns nicht ganz allein auf den Weg. Viele Verwandten und Freunde waren auch mit dabei und so setzte sich ein größerer Trupp an Menschen in Bewegung. Fröhlich hüpften die Kinder neben dem Esel auf dem Weg entlang. Die ersten Blumen schauten aus der Erde hervor und begrüßten die wärmende Sonne mit ihren bunten Blütenkleidern. Nach dem dunklen Grau des vergangenen Winters war es eine willkommene Abwechslung, alles wieder in Farbe getaucht zu sehen. Das sahen offenbar sowohl die Kinder als auch der Esel so, denn er setzte sich zügig und mit einem flotten Gang in Bewegung, so dass ich mal wieder ziemlich durch gerüttelt wurde.
Mein Kopf wankte hin und her von den vielen Schlaglöchern auf dem Weg und mein Körper fühlte sich wie ein hüpfender Ball an, den man immer wieder auf den Boden stieß. Maria und Josef sahen sich immer wieder liebevoll an und schienen glücklicher, als je zuvor. Ihr Blick glitt zu Jesus hinüber und das Lächeln, dass daraufhin zu sehen war, drückte mehr aus, als Worte es je hätten tun können. Nach einiger Zeit waren die Stadttore von Jerusalem auch schon zu erkennen und rückten immer näher. Es hatten sich noch mehr Menschen auf dem Weg gefunden, die nun mit uns gemeinsam Richtung Jerusalem zogen. Innerlich stöhnte ich auf. Das würde wieder ein Gedränge und Geschiebe im Tempel werden und mir sicher einige blaue Flecken einbringen. Aber das machte nichts. Schließlich würden wir ein tolles Fest erleben.
Endlich waren wir da. Die Tiere und Wagen hielten an und wurden festgemacht und dann ging es hinauf zum Tempel, dem Ort, an dem das Passahfest gemeinsam gefeiert wurde. Und auch wenn ich das Fest nun schon einige Male miterleben durfte, so was es doch immer wieder schön.
Die Sonne stand schon recht tief am Himmel und der Abend nahte. Feuer wurden entfacht und es wurde gemeinsam gegessen, getrunken und erzählt von dem, was damals vor vielen, vielen Jahren passiert war. Aber mit dem Abend war das Fest noch nicht zu Ende. Nein, das Fest ging noch ganze 6 Tage lang. Ganz schön viel, oder? Stell dir mal vor, du würdest 7 Tage Geburtstag feiern oder 7 Tage Hochzeit oder 7 Tage Weihnachten. Wie ginge es dir danach? Wärst du dann nicht ganz schön müde und erschöpft?
Mir ging es jedenfalls so. Ich war sehr dankbar, als der letzte Tag angebrochen war und ich wusste, es geht wieder nach Hause. Alles wurde wieder eingepackt und verstaut. Dabei wurde sich mit den Verwandten unterhalten, gelacht und sich gefreut. Und die Kinder durften frei herum laufen, schließlich befanden sie sich auf sicherem Gelände und überall war ein Verwandter oder ein Freund anzutreffen, der mit ein Auge auf die Kinder hatte.
Ich seufzte erleichtert auf und sah über die große Menschenmenge hinweg, die sich langsam in Bewegung setzte. Maria gab Josef gerade noch ein Gepäckstück und Josef verstaute es. Aber Jesus konnte ich nirgendwo sehen. Rasch richtete ich mich auf. Das konnte doch nicht sein, eben war er doch noch hier gewesen. Wo steckte er denn jetzt? Schnell verschaffte ich mir einen Überblick, wo die Verwandten von Jesus überall steckten. Meine Augen suchten unter ihnen fieberhaft nach Jesus, aber ich konnte ihn einfach nicht entdecken. Was sollte ich nur tun?
Ich legte beide Hände an den Kopf und überlegte. Los laufen und ihn suchen konnte ich zwar, aber wie sollte ich ihm verständlich machen, dass seine irdischen Eltern im Begriff waren los zu gehen? Und ich war auch viel zu langsam und würde ihn vermutlich nicht rechtzeitig erreichen. Hm, Josefs Aufmerksamkeit konnte ich auch nicht erregen, denn auch er konnte mich ja nicht verstehen und würde mich eher um die Ecke bringen, als mir lieb war. Oh man, oh man, was sollte ich nur tun?
„Josef, ist Jesus bei dir?“, fragte Maria in dem Moment.
„Nein“,antwortete Josef, „ich habe ihn vorhin in Richtung deiner Tante gehen sehen. Sicherlich wird er dort sein.“
„Gut, sie machen sich ja mit uns auf den Weg. Dann wird er mit ihnen gehen.“
Oh nein, das durfte doch nicht wahr sein. Er war nicht bei Marias Tante, das hatte ich schon gesehen. Aber Maria und Josef setzten sich trotzdem in Bewegung. Nein, nein, nein, irgendwie musste ich sie stoppen. Hey, du graues Eselchen. Bleib stehen, dachte ich so bei mir und krabbelte in Richtung Mähne, um dem schaukeligen Tarnsportmittel einmal kräftig an den Haaren zu ziehen. Nun halte doch endlich an. Ihr könnt noch nicht los, Jesus ist nicht da. Haaaalt! Stoooop!